Seit der Veröffentlichung des Lehrplans «LeRUKa» im Sommer 2017 geht es um die Frage, wie dessen Umsetzung gefördert werden kann. Derzeit werden zu den einzelnen Inhalts- und Handlungsaspekten des LeRUKa sogenannte «Aufgabensets» entwickelt und auf reli.ch zur Verfügung gestellt. Was Aufgabensets sind, warum sie sinnvoll sind und wie man mit ihnen arbeitet, beantwortet dieser Beitrag. Alternativ kannst du auch das «Aufgabenset zur Arbeit mit Aufgabensets» bearbeiten.

Was sind Aufgabensets?

Aufgabensets sind eine Hilfe für die Strukturierung eines Lernprozesses in seinen verschiedenen Phasen. Lernprozesse lassen sich in der Regel nicht in einer Lektion abschliessen, sondern erstrecken sich über einen längeren Zeitraum. Der Zeitraum richtet sich idealerweise nach der Kompetenz, die sich die Lernenden aneignen sollen. Aufgabensets zeigen auf, wie ein Lernprozess sinnvoll aufgebaut, vertieft und abgeschlossen werden kann. Sie geben jedoch keine Auskunft über die Feinstruktur eines Anlasses. Diese Arbeit ist auch weiterhin Aufgabe der lehrenden Person.

Warum ist die Arbeit mit Aufgabensets sinnvoll?

Ein kompetenzorientierter Lehrplan (wie der LeRUKa) steckt den Rahmen für Lehr-Lern-Prozesse ab. Er sagt jedoch nichts darüber aus, wie die Lehr-Lern-Prozesse gestaltet werden können, damit sie sich nicht nur an Kompetenzen orientieren, sondern diese auch fördern. Die Orientierung an Aufgabenstellungen ist deshalb sinnvoll, weil Aufgaben als «Motor» der Kompetenzförderung bezeichnet werden können: Lernprozesse bestehen im Wesentlichen daraus, dass Lernende Aufgaben bearbeiten. Entsprechend lohnt es sich, hierauf den Fokus zu legen und sicherzustellen, dass die Aufgabenstellungen einen sinnvollen Lernprozess unterstützen.

Lernen ist immer ein aktiver Prozess und geschieht nicht durch das Übernehmen des Gelehrten. Daher gilt es die Aufmerksamkeit auf die Aktivität der Lernenden zu richten. Aufgabensets beinhalten daher nur dann Aktivitäten der lehrenden Person, wenn dies für die Aufgabenstellung unerlässlich ist. Das bedeutet nicht, dass die lehrende Person unwichtig ist. Im Gegenteil: durch das Fokussieren auf die Aktivität der Lernenden haben Lehrende mehr Zeit zum Begleiten, Unterstützen, Anregen, Hinterfragen und Motivieren. Auch künftig werden Lehrende vortragen, vorlesen, vormachen, präsentieren, demonstrieren, anweisen und durch die Gestaltung der Übergänge sicherstellen, dass der «rote Faden» im Lehr-Lern-Prozess sichtbar bleibt.

Wie sind Aufgabensets aufgebaut?

Aufgabensets stammen ursprünglich aus dem Bereich der Pädagogischen Hochschulen der Schweiz. Das «LUKAS-Modell» klingt zwar biblisch, steht aber für: Luzerner Modell zur Entwicklung kompetenzfördernder Aufgabensets. Details dazu können >> hier nachgelesen werden. Das Modell wurde von der AG LeRUKa übernommen und für den religionspädagogischen Bereich angepasst.

Alle auf reli.ch online verfügbaren Aufgabensets sind auf einer A3-Seite im Querformat dargestellt. Sie benennen die Kompetenz sowie den Inhalts- und Handlungsaspekt gemäss LeRUKa und geben Auskunft über den thematischen Fokus. Jedes Aufgabenset beinhaltet folgende Aufgabentypen:

B-Aufgaben (Begegnen): Die Begegnung mit dem Lerngegenstand (das können auch Personen sein) konfrontiert die Lernenden mit der zu erarbeitenden Kompetenz anhand einer möglichst realen Anforderungssituation. Ziel ist es, den Sinn der Kompetenz sichtbar zu machen, vorhandene Ressourcen zu aktivieren und Motivation zu wecken. B-Aufgaben sind in der Regel so angelegt, dass sie die Lernenden in einem gewissen Grad überfordern, sie also nicht vollumfänglich gelöst werden können. Die Resultate haben dabei eine diagnostische Funktionen: Lehrende können an den Ergebnissen den Lernstand und die Interessen der Lernenden ablesen und die Gestaltung der Lerneinheit darauf abstimmen.

E-Aufgaben (Erfahren): Erfahren bedeutet das bewusste Erleben, verbunden mit einer Reflexion. E-Aufgaben verstehen sich also nicht als passives Verhalten der Lernenden, sondern sollen Lernende zum eigenständigen aufbauen von Wissen, Haltungen und Fertigkeiten anregen, die für die Kompetenz erforderlich sind. Differenzierte Aufgaben ermöglichen individuelle Lernwege. Lehrende haben dabei eine beobachtende und unterstützende Aufgabe.

I-Aufgaben (Intensivieren): Hier werden Anregungen zum Vertiefen und Festigen von Wissen, Haltungen und Fertigkeiten geboten. So wird das Gelernte verankert und ausdifferenziert.

Z-Aufgaben (Zeigen): Das Anwenden der aufgebauten Kompetenz durch die Lernenden in einer möglichst authentischen Lebenssituation ermöglicht es, den Kompetenzzuwachs sichtbar werden zu lassen. So können Lehrende und Lernende die Wirksamkeit des Lernprozesses überprüfen (insbesondere, wenn die B-Aufgabe als Z-Aufgabe wieder aufgegriffen wird). Zugleich wird durch die ergebnisorientierte Aufgabenstellung die Selbstwirksamkeitsüberzeugung der Lernenden gestärkt. Z-Aufgaben können entweder auf eine Synthese (Vernetzung unterschiedlicher Wissensbestände und Fertigkeiten) oder einen Transfer (Übertrag der Wissensbestände und Fertigkeiten auf neue Anforderungssituationen) ausgerichtet sein.

Lernprozesse mit Aufgabensets beginnen immer mit einer B-Aufgabe. Sie enden stets mit einer Z-Aufgabe (oder mehreren). Die Reihenfolge von E- und I-Aufgaben richtet sich dabei nach den Rahmenbedingungen und dem Lernfortschritt der Lernenden. Dabei ist es möglich, dass verschiedene Lernende zur gleichen Zeit an unterschiedlichen Aufgaben arbeiten. Niveaudifferenzierung trägt einerseits den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen Rechnung. Andererseits stellt sie sicher, dass sich Lernen nicht nur auf ein einfaches Niveau beschränkt und die Lernenden kontinuierlich unterfordert. Die unterschiedlichen Niveaus der Aufgabenstellung sind jeweils mit „N1-N2-N3“ gekennzeichnet. Die einzelnen Lernniveaus sind:

Niveau 1 (Reproduktion): Lernende geben Begriffe und Sachverhalte unter Verwendung von gelernten und geübten Verfahrensweisen in einem begrenzten Sachgebiet wieder. Es geht um die Anwendung von Arbeitstechniken mit Wiederholungscharakter, um das Ein- oder Zuordnen in vorgegebene Strukturen. Verben, die die Denk-, Arbeits- und Handlungsweise beschreiben, sind zum Beispiel: nennen, beschreiben, herausarbeiten, charakterisieren, aufzählen, nachmachen …

Niveau 2 (Rekonstruktion): Lernende geben Sachverhalte in modifizierter Form oder veränderten Zusammenhängen wieder. Es geht um die Anwendung von Arbeitstechniken in verändertem Zusammenhang, um die eigenständige Bearbeitung bekannter Sachverhalte. Verben, die die Denk-, Arbeits- und Handlungsweise beschreiben, sind zum Beispiel: erstellen, darstellen, begründen, erklären, erläutern, vergleichen, ein- und zuordnen …

Niveau 3 (Konstruktion): Lernende bearbeiten komplexe Gegebenheiten, um selbstständig zu Lösungen, Begründungen, Folgerungen und Wertungen zu gelangen. Es geht um Kreativität bei der Lösung von Problemstellungen, um das Erkennen, Erklären und Strukturieren neuer Sachverhalte. Verben, die die Denk-, Arbeits- und Handlungsweise beschreiben, sind zum Beispiel: bewerten, beurteilen, überprüfen, erörtern und gestalten …

Wie arbeite ich mit Aufgabensets?

Die Farben Grün und Blau in der Kopfzeile des Aufgabensets entsprechen der Zuordnung der Kompetenz gemäss LeRUKa: Kompetenzen, die dem konfessionellen Religionsunterricht zugeordnet sind, sind blau. Kompetenzen aus dem Bereich der Katechese sind grün. Mit Blick darauf, dass einige Kantone ganz im ausserschulischen Bereich arbeiten, beinhalten einige dem konfessionellen Religionsunterricht zugeordnete Aufgabensets auch katechetische Aufgabenstellungen. Diese sind mit einer «Kirche» ausgewiesen und eignen sich für den katechetischen Bereich.

Aufgabensets setzen keine spezifischen Zeitgefässe voraus. Die meisten Aufgaben können sowohl im Lektionenunterricht als auch an Projekttagen eingesetzt werden. Im Idealfall richten sich die Zeitgefässe nach dem geplanten Lehr-Lern-Prozess. Dies ist jedoch nicht immer möglich. Entsprechend gilt es, die Aufgaben des Sets auf die verfügbaren Zeitgefässe zu verteilen. Die Aufgabensets sind mehrheitlich darauf ausgelegt, einen zeitlichen Umfang von 7 bis 15 Lektionen abzudecken, da Lernprozesse von insgesamt weniger als 6 Lektionen in der Regel nicht zum Aufbau der entsprechenden Kompetenz ausreichen.

Aufgabensets können nach Belieben angepasst und erweitert werden. Die verschiedenen Medienverleihstellen unterstützen bei der Suche nach geeigneten Medien und auf reli.ch stehen zu verschiedenen Aufgabensets eigens erstellte Materialpakete und weitere Materialien zur Verfügung. Aufgabensets ersetzen nicht die konkrete Ausarbeitung, sondern strukturieren Lernprozesse grob vor. Wie die einzelnen Arbeitsschritte von der Kompetenz zur konkreten Lektion aussehen, ist Bestandteil von Planungsmodellen, wie sie von verschiedenen Fachstellen und vom RPI Luzern entwickelt wurden bzw. werden. Hier sind ein paar Beispiele verlinkt

Und zum Schluss…

Derzeit bieten verschiedene kantonale Fachstellen Weiterbildungen zum Lehrplan, zu Aufgabensets und zu Planungsmodellen an. Einen Überblick zu den Weiterbildungen findest du >> hier. Alle bereits vorhandenen Aufgabensets findest du, wenn du auf reli.ch bei «Materialien» «Aufgabensets» auswählst und auf «Suchen» klickst. Falls du noch kein Login hast, erhältst du dieses von deiner kantonalen Fachstelle. Wenn du künftig keine neuen Aufgabensets verpassen möchtest, kannst du die kostenlosen monatlichen reli.ch-News abonnieren. Falls du Fragen zum Beitrag hast, notiere sie auf der digitalen Pinnwand.

An dieser Stelle möchte ich mich bei den zahlreichen Kolleginnen und Kollegen bedanken, mit denen ich in der Vergangenheit an diesem Thema arbeiten durfte und die durch Ihre Rückmeldungen mit zu diesem Text beigetragen haben.

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