Am Anfang ist immer alles ganz einfach

Jesus isst mit seinen Jüngern, Tag für Tag. Diese kümmern sich darum, dass etwas auf dem Tisch steht, Brot, manchmal Fisch, und beim letzten, feierlichen gemeinsamen Mahl auch Wein. Im Verlauf des letzten Mahles am Abend vor seinem Tod verbindet Jesus die Gabe des

Brotes und Weines jedoch mit seiner Lebens(hin-)gabe für die Menschen. Was er ihnen hinhält, ist nicht mehr genau dasselbe, wie das, was sie auf den Tisch gestellt haben: Etwas wird anders mit Brot und Wein, wenn Jesus sein Leben, Sterben und dann auch Auferstehen in Brot und Wein hineinlegt. Denn nach der Auferstehung hat er wieder mit den Seinen Mahl gehalten, das Brot genommen und es gesegnet.

Aus diesem einfachen Anfang ist die Eucharistiefeier entstanden. Wer sich in ihre einzelnen Teile – Gabenbereitung, Eucharistisches Hochgebet, Brotbrechung und Kommunion – vertieft, dem wird am Ende vielleicht immer noch als Geheimnis erscheinen, was Christen hier feiern, aber nicht als Rätsel oder Hokuspokus. Es ist ganz einfach und doch gleich schon sehr tief, was am Anfang steht und als Gabenbereitung in liturgischer Form zu jeder Messe gehört.

Einen Tisch bereiten

Einen Tisch bereiten ist mehr, als Gegenstände auf einer Oberfläche anzuordnen. Einen Tisch bereiten, das heisst immer auch: mich selbst auf das Beisammensein vorbereiten, mit Vorfreude an die Gäste denken, einen gastlichen Tisch bereiten. Es ist eine Einstimmung auf eine Begegnung und eine Bereitung meiner Welt für das Zusammensein mit den Gästen.

Wenn Christen Eucharistie feiern, bereiten sie ebenfalls einen Tisch, den Altar. Dazu gehört auch hier das Decken des Tisches mit einem Tuch, das Bringen von Lebensmitteln und Gefässen. So lässt sich fragen: Ist auch dieses Bereiten eine Einstimmung auf eine Begegnung und ein Bereiten oder Hinstellen meiner, nein: unserer Welt? Oder wie im Lied: „Herr, wir bringen in Brot und Wein unsere Welt zu dir“ – stimmt das? Oder wie muss es gehen, damit es stimmt?

Den Tisch mit den Gaben der Schöpfung decken …

Brot als Grundnahrungsmittel und Wein als Zeichen des Festes stehen für eine Welt: für die Welt als Gottes gute Schöpfung. Gott hat Brot und den Weinstock geschaffen. Das Gebet, das der Priester meist still über das Brot und den Kelch spricht, bringt das zum Ausdruck:

„Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt.

Du schenkst das Brot, die Frucht der Erde

und der menschlichen Arbeit.

Wir bringen dieses Brot vor dein Angesicht,

damit es uns das Brot des Lebens werde.

Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt.

Du schenkst uns den Wein, die Frucht des Weinstocks

und der menschlichen Arbeit.

Wir bringen diesen Kelch vor dein Angesicht,

damit er uns der Kelch des Heiles werde.“

Brot und Wein stehen als Zeichen der Schöpfung und der menschlichen Arbeit auf dem Altar. Die Schöpfung ist Fundament für unser Leben in dieser Welt. Die Arbeit gehört ebenso wesentlich dazu. Wir selbst gehören dazu, unsere Kinder, unsere PartnerIinnen, FreundInnen, KollegInnen. Unsere Freude, unser Liebe, unser Dank gehört zu dieser Welt, aber ebenso unsere Sorge, Wut oder Angst. So wie sich beim Bereiten eines Tisches für Gäste, die wir zuhause empfangen, unsere Welt hineinwebt in unsere Vorbereitung, so können wir unsere Welt auch in der Gabenbereitung innerlich mit dem liturgischen Geschehen verbinden. Aber wie soll das gehen?

… durch das Herbeibringen von Brot und Wein

In den ersten christlichen Jahrhunderten brachten die Gläubigen in die Messe verschiedene Naturalgaben mit, so ähnlich wie jetzt in manchen Pfarreien beim Erntedankfest. Sie wurden während der Gabenbereitung von den Gläubigen nach vorne getragen. Ein Teil von diesen Gaben, Brote und Wein, wurden gleich für die Eucharistiefeier verwendet. Der Zelebrant nahm sie von den Diakonen in Empfang. Darin lebt das Entgegennehmen Jesu bei dem Mahl mit den Jüngern weiter. Der andere und weitaus grössere Teil der Naturalgaben war für die Armenfürsorge der Christen bestimmt. Daraus hat sich die Sammlung der Kollekte entwickelt, wie sie noch heute praktiziert wird.

Wer seine Gabe für die gemeinsame Feier zum Altar trug, der konnte sich und seine Welt ganz anders dort hineinlegen oder hineingeben, als es heute in den meisten Fällen möglich ist. Die Gaben werden heute meist von einem Tisch, der sogenannten Kredenz, in der Nähe des Altars zum Altar getragen. Der Weg ist kurz und das Ganze spielt sich in einiger Entfernung von den Mitfeiernden ab. Wenn der Tisch mit den Gaben am Eingang des Kirchenraums steht und Ministrantinnen und Ministranten die Gaben durch den Mittelgang schreitend nach vorne tragen, wird deutlicher, dass es unsere Schöpfungsgaben sind – unsere Welt.

Jede und jeder kann bei dieser Gabenprozession in Gedanken etwas von sich mit in die Gaben hineinlegen. Wir stellen unsere Welt vor Gottes Angesicht hin. „Herr, wir bringen in Brot und Wein unsere Welt zu dir. Du schenkst uns deine Gegenwart im österlichen Mahl.“ Nicht allein das Brot der Hostien und der Wein werden gewandelt. Wir und unsere Welt werden ebenso verwandelt.

Denn wir erhalten das Brot anders zurück, als wir es hineingelegt haben, weil Jesus sein Leben, Sterben und Auferstehen in unsere Schöpfungsgaben hineingegeben hat. Die Gabenbereitung ist der Beginn der Verwandlung von uns und unserer Welt.

Das Gabengebet für den 19. Sonntag im Jahreskreis bringt zum Ausdruck, was wir in der Gabenbereitung tun und was wir erhoffen:

„Herr, unser Gott,

wir bringen die Gaben zum Altar,

die du selber uns geschenkt hast.

Nimm sie von deiner Kirche entgegen

und mache sie für uns zum Sakrament des Heiles.“

Literatur

Der Artikel ist in einer längeren Version auf der Homepage des Liturgischen Instituts einsehbar:

https://liturgie.ch/ | Lizenz CC BY-NC-SA 3.0