Eltern in ihrer Aufgabe mit den Kindern stärken

Wenn Eltern informiert und angesprochen werden, fühlen sie sich ernstgenommen und erfahren, dass ihre manchmal auch mühsame Betreuungs- und Erziehungsaufgabe in der kirchlichen Gemeindearbeit wahrgenommen und gewürdigt wird. In ihrer alltäglichen Familienarbeit leisten Väter und Mütter mit ihren Kindern oft vieles, das als christliche Praxis identifiziert werden könnte, auch wenn man nicht ausdrücklich davon spricht. In vielen Familien erfahren Kinder, wie unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse ausgeglichen werden können, wie Konflikte gelöst werden, wie einander vergeben wird. Sie lernen Strukturen und Rituale des Alltags ebenso kennen wie Feste und Feiern. Ihnen werden Geschichten erzählt und die vielen Warum-Fragen mit mehr oder weniger Geduld beantwortet.

Die Eltern in ihrem ureigenen Auftrag zu unterstützen –, beizutragen, dass ihr eigenes und ihr Familienleben gelingen kann, das alleine ist schon ein ganz wichtiges Feld diakonisch verstandener religionspädagogischer Tätigkeit.

Dabei muss beachtet werden, dass mit der gut gemeinten Unterstützung nicht zusätzliche Termine und stressiges Organisieren für Kinderbetreuung entstehen. Wichtig sind Begegnungen mit Vätern und Mütter, dort wo es sich ergibt: unterwegs, auf dem Spielplatz, zwischen Tür und Angel, allenfalls bei einem Hausbesuch. Spezifische Elterngespräche können dabei geplant und vereinbart werden (Schmid 133-155). Darüber hinausgehende kirchliche Angebote müssen der überfamiliären Vernetzungen dienen und stärkende Erlebnisse für die Kinder, für die Eltern oder für beide bieten.

Eltern haben unterschiedliche Erwartungen an die Kirche

Eltern sind gegenüber religiösen Fragen nicht grundsätzlich verschlossen. Die Herausforderungen rund um Geburt, Betreuung und Erziehung der Kinder konfrontiert sie oft mit religiösen Dimensionen. Zwei Drittel der Bevölkerung haben jedoch ein distanziertes Verhältnis zu Christentum und Kirche (Schmid 56-62). Sie reagieren auf kirchliche Angebote oft wie Kundinnen und Kunden. Bei einem aus ihrer Sicht guten Projekt sind sie gerne dabei. Für das Krippenspiel beispielsweise, bei dem ihr Kind mitspielen darf, engagieren sie sich begeistert. Bei einem anderen Programm bleiben sie jedoch wieder fern. Wie sie sich zwischen all den verschiedenen Ansprüchen, die an sie herangetragen werden, entscheiden, ist oft nicht vorhersehbar. Gerade treue Kirchenmitglieder haben oft Mühe mit dieser wechselhaften Einstellung.

Die bemühten Versuche, distanzierte Eltern dann gleich in die kirchliche Gemeinde oder Pfarrei einbinden zu wollen, werden von diesen oft  nicht wirklich geschätzt. Es wäre besser, diese punktuellen Begegnungen mit Eltern zu nutzen, um ihnen eine einmalige Glaubenserfahrung zu ermöglichen und sie für ihre tägliche Familienarbeit zu würdigen.

Gleichzeitig dürfen andere Eltern, die mit Kirche und Glaube vertraut und verbunden sind, nicht vernachlässigt werden. Elternarbeit verlangt also ein differenziertes Angebot für unterschiedliche Eltern.

Elternabend

Die häufigste Form der Elternarbeit ist der Elternabend (Schmid 98-116). Diese Form ist geprägt durch die Elternabende, wie sie in der Schule gestaltete werden. Oftmals können sich Religionslehrpersonen im Rahmen eines Schulelternabends einbringen und die Ziele und Inhalte des Religionsunterrichts kurz darlegen. Bei gutem Einvernehmen mit der Klassenlehrperson oder der Schulleitung ist eine solche Chance unbedingt zu nutzen. Mit einem kurzen Input können die Ziele des Religionsunterrichts der gesamten Elternschaft einer Klasse dargelegt werden. Dabei ist in der Wortwahl darauf zu achten, dass nur ein Teil der Eltern ihre Kinder in den Religionsunterricht schickt und ihre Einstellungen und Beziehungen zu Religion und Kirchen sehr heterogen sind.

Auch wenn ein Elternabend im Rahmen der Kirchgemeinde oder Pfarrei organisiert wird und nur die Kirchenmitglieder eingeladen sind, fällt diese Pluralität nicht weg. Sinnvollerweise werden die unterschiedlichen Vorstellungen von Nähe und Distanz, die positiven und negativen Erfahrungen, die vielfältigen Erwartungen und Befürchtungen gleich zu Beginn des Abends humorvoll angesprochen oder in einem Einstiegsimpuls thematisiert.

Wenn dann die Ziele und das Programm des Abends transparent eingeführt werden, haben alle die Möglichkeit zu entscheiden, wie weit sie sich darauf einlassen wollen.

Bei Zielen und Gestaltungen des Elternabends ist zu unterscheiden zwischen Information und Bildung. Die Informationen zum Religionsunterricht oder zu anderen Angeboten der Kirchgemeinde/Pfarrei richten sich an alle Eltern und das dürfte alle interessieren. Oft wird der Informationsabend jedoch genutzt, um die Inhalte des Unterrichts oder eines religiösen Themas den Eltern selbst zu erschliessen, bzw. erwachsenenbilderisch nahe zu bringen. Das kann durchaus sinnvoll sein und wird von vielen Eltern geschätzt, andere fühlen sich jedoch vereinnahmt. Der Bildungsteil sollte deshalb entsprechend bezeichnet werden, so dass Eltern, die nur die Informationen abholen wollen, vorher mit Dank und Wertschätzung verabschiedet werden können. Vielerorts werden die beiden Formen getrennt angeboten: Der einführende Elternabend ist ein Informations- und Kennenlernanlass. Die Eltern sollen orientiert sein, allenfalls werden sie zur Mitwirkung oder Zusammenarbeit für einzelne Anlässe eingeladen. An diesem Informationsabend werden die weiterführenden Angebote der Elternbildung vorgestellt, zum Beispiel ein Vortrag zur religiösen Entwicklung der Kinder, eine Gesprächsrunde zu Rolle und Aufgaben der Eltern oder thematische Elternabende als Parallelangebote zu den Inhalten des Religionsunterrichts (Schmid 117-131).

Für die Gestaltung eines Abends mit Eltern muss beachtet werden, dass der zeitliche Rahmen überschaubar bleibt (max. 2 Stunden) und eingehalten wird, denn manche Eltern haben wahrscheinlich eine Kinderbetreuung organisieren müssen, die wiederum abgelöst werden will. Im Weiteren muss die Sitzordnung und Raumgestaltung, der Einsatz von Präsentationsmedien oder Gruppengesprächen, die Konsumation (Wasser, anschliessender Kaffee oder Apéro) überlegt werden. Zudem ist es für die durch den Abend führende Religionslehrperson wichtig, dass sie Formen kennt, wie sie mit ihrer Aufregung und Anspannung umgehen und ihren „Auftritt“ angemessen gestalten kann (Schmid 135).

Andere Kontaktformen zu den Eltern

Nicht immer ist es sinnvoll, dass die Eltern zu einer Zusammenkunft aufgerufen werden.

Zahlreiche Informationen und Impulse können auch in Form eines Elternbriefes den Eltern übermittelt werden (Schmid 158-160).

Im Religionsunterricht hat sich das Kontaktheft bewährt, indem einerseits Mitteilungen an die Eltern und andererseits Anliegen der Eltern an die Lehrperson dem (jüngeren) Kind mitgegeben werden können. Zukunftsweisend ist wohl auch die Kommunikation mit den Eltern über Soziale Medien. In einer „geschlossenen Gruppe“ z.B. auf Facebook sind Eltern nicht nur Empfangende von Informationen, sondern sie können sich aktiv am Austausch beteiligen. Die religionspädagogische Fachperson kann beispielsweise nach jedem religionspädagogischen Anlass Fotos von der Arbeit mit den Kindern auf die Plattform laden. Das ermöglicht den Eltern, sich vorzustellen, was das Kind erlebt hat (Schmid 161-164).Im Blog können sie sofort die Eindrücke der Kinder und ihre Rückmeldungen mitteilen. Selbst wenn die Eltern nicht am Anlass dabei waren, sind sie näher dran, können sich beteiligen und selber Beiträge beisteuern. Die Bildung einer Social-Media-Gruppe schafft eine Gruppenidentität, die einer befristeten (Glaubens-)Gemeinschaft Ausdruck verleiht, auch wenn nur wenige direkte Begegnungen geplant sind oder man an diesen nicht oder nur partiell teilnehmen kann oder will.

(Der Beitrag wurde in ähnlicher Form zuerst im Newsletter der Reformierte Fachstelle Religionspädagogik des Kantons Solothurn, März 2016, publiziert.)