Absicht

Mit dem Jahresthema ‚Wir schreiben die Bibel weiter’ will ich die Kinder der 5. Klasse auf die Bibel neugierig machen. Die Kinder sollen wissen, wie die Bibel entstanden ist. Sie lernen spannende Personen in den biblischen Texten kennen. Sie setzen sich selbst zu Personen, Themen und Texten in Beziehung. So entwickeln sie ein Gespür für ihre eigene Rolle und erleben die Einladung: als Zeuginnen und Zeugen die Worte der biblischen Botschaft in ihrem Leben lebendig werden zu lassen.

Auch Sie – ein Liam?

Zugegeben, Sofie und Liam sind fiktive, 11- 12 jährige Kinder. Nur: Ich war vermutlich auch eine Sofie: Ich wollte Aktuelles hören, Facts verstehen, Erklärungen diskutieren – Forscherin und Detektivin sein. Es war mir ein Rätsel, warum die Kirche dem Alten verhaftet bleibt und dieses Buch aus längst vergangenen Zeiten hoch hält. Nein, was vor 2000 Jahren geschah, wollte ich nicht wissen.

„Wen interessierts…!“

Vielleicht wenden Sie nun ein, dass nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden muss. Da gebe ich Ihnen Recht. Doch: Selbst schnoddrig hingeworfene Worte enthalten oft manches Körnchen Wahrheit. Wir dürfen sie als didaktische Steilvorlage verstehen und dankbar aufnehmen. Vielleicht eine Chance, die uns zum Eigentlichen führt.

Die Bibel – ein Buch für Kinder?

Nun, niemand wird im Ernst denken, dass die Bibel für Kinder geschrieben wurde. Die oft genug sperrigen Texte wenden sich an Erwachsene. Kindern diese Texte näher zu bringen, ist ein Spagat, den katechetisch Tätige täglich üben.

Sophie und Liam sind ja wendig. Und wir? Genau! Lassen wir uns von ihnen inspirieren!

Das bedeutet für die Katechese:

  • Grosse Fragen thematisieren: Wozu bin ich da? Wo will ich hin?
  • Dann Grundsatzfragen klären: Was ist Glaube? Wie ist die Bibel entstanden? War das tatsächlich so? Was ist wahr?

Die Bibel nochmals übersetzen!

Das heisst: Die Bibel aus der Perspektive der Kinder betrachten und achten auf

  • eine für die Adressaten verständliche Sprache
  • relevante Themen aus Alltag und Gesellschaft aufgreifen und fragen: Stehen sie in Kontrast zu biblischen Themen oder spiegeln sie diese wider?
  • Bezug oder Distanz zur Lebenswelt.

Kompetenzorientierung

Kinder wollen Detektive, Forscherinnen und Entdecker sein. Sie brauchen

  • herausfordernde Aufträge, welche sie zur aktiven Auseinandersetzung einladen und
  • Aufgaben, bei denen sie emotional beteiligt sind.

Perspektivenwechsel

Sie lernen im Gespräch und im Spiel durch den Perspektivenwechsel Entscheidendes für unsere Religion:

  • den Respekt vor dem Mitmenschen und
  • die Empathie für fremdes Leid.

Und ganz konkret?

Wir beschäftigen uns intensiv mit der Entstehung der Bibel: Dabei begegnen wir Schriftstellern und Zeitzeugen und stellen selber eine Bibelrolle her. Wir suchen Parallelen zu den grossen biblischen Themen Rettung, Befreiung, Verantwortung und Auftrag in Ereignissen der Gegenwart. Zugleich soll der Respekt vor Sperrigem und Widerständigem in der Bibel, vor Fremden und Fremdem wachsen, damit die Zumutungen der Bibel nicht als Last, sondern als Inspiration zum Leben verstanden werden.

Die Bibel weiter schreiben

Lassen wir Liam noch einmal zu Wort kommen: „Was bringts ein Buch weiterzuschreiben, das schon fertig geschrieben ist? Macht keinen Sinn.“

Der Einspruch macht es deutlich: Es ist wichtig, dass die Kinder a) ihren Auftrag als ‚Erben’ des Testaments zu Beginn des Schuljahres kennenlernen und b) verstehen, was das Thema ‚die Bibel weiter schreiben‘ meint, nämlich den Auftrag Jesu, im Geringsten Christus zu sehen und am Reich Gottes zu bauen, einer gerechten Welt für alle – , mit ihrem Leben zu verwirklichen. Wenn sie dabei wahrnehmen, wie wichtig sie für Gott sind, dann ist ein grosses Ziel erreicht

Wie weiter?

Nach der intensiven Auseinandersetzung mit der Bibel in der 5.Klasse sind die Kinder dann so vorbereitet, dass sie das ‚Weiterschreiben’ in der sechsten Klasse mit einem diakonischen Projekt in die Tat umsetzen können. (siehe dazu Modul 29 ‚Projekte mit Jugendlichen: Diakonische Katechese’?)