Die Kompetenzorientierung, die auch dem staatlichen Lehrplan 21 zugrunde liegt, kann als aktueller allgemeindidaktischer Standard betrachtet werden, der die Lernzielorientierung der 1990er bis 2000er Jahre abgelöst hat. Noch früher, in den 1980er Jahren, waren themenzentrierte Lehrpläne die Regel. Als «Stoffverteilungspläne» sind sie teilweise noch heute in Pfarreien vorhanden.

Das Konzept der Kompetenzorientierung

Kompetenzorientierung bedeutet, dass Kompetenzen nicht nur Ziel, sondern auch Ausgangspunkt der Planung von Lehr-Lern-Prozessen sind. Dabei ist es wichtig, zwischen «Kompetenzen» und «Ressourcen» zu unterscheiden.

Anschaulich wird dies in folgender Grafik aus dem LeRUKa (Seite 15):

Wenn Kompetenzen der Ausgangspunkt und das Ziel der Lehr-Lern-Prozesse sind, dann gilt es zu fragen, welche Gegenwartsbedeutung und welche Zukunftsrelevanz die Kompetenz für die Lernenden hat. Oder anders gefragt: Bei der Bewältigung welcher realen Herausforderungen / Anforderungssituationen werden die Kompetenzen benötigt?

In einem nächsten Schritt gilt es die Ressourcen zu bestimmen, die es für die angestrebte Kompetenz braucht. Mit Blick auf die Lerngruppe wird dann das Thema bzw. der Lerngegenstand festgelegt, der geeignet ist, um damit an den verschiedenen Ressourcen arbeiten zu können.

Auch in einem kompetenzorientierten Planungsprozess braucht es Lernziele. Diese beziehen sich stets auf die angestrebten Ressourcen und lassen sich in kognitive, affektive und psychomotorische Lernziele gruppieren.

Von der Kompetenzorientierung zur Kompetenzförderung

Die Analyse der Kompetenzen und Ressourcen nutzt wenig, wenn im Anschluss wieder klassisch die Frage im Raum steht, wie das gesetzte Thema bzw. der Lerngegenstand möglichst umfassend «vermittelt» werden kann. Die Kompetenzorientierung kann dann sogar als unnötiger zusätzlicher Aufwand erlebt werden. Um dem vorzubeugen gilt es, den Schritt von der Kompetenzorientierung zur Kompetenzförderung zu gehen. Im Zentrum steht dabei nicht das Lehren der Lehrenden, sondern das Lernen der Lernenden.

Kriterien für Kompetenzförderung gibt es viele. Im Wesentlichen lassen sich diese wie folgt zusammenfassen:

  • Förderung der Selbstwiksamkeitsüberzeugung: Lehr-Lern-Prozesse sind dann kompetenzfördernd, wenn sie bei den Lernenden die Überzeugung stärken, dass sie in der Lage sind, Herausforderungen zu meistern und dabei schrittweise auf die Hilfe der Lehrperson verzichten zu können.
  • Reelle Anforderungssituationen aus der Lebenswelt der Lernenden: Lehr-Lern-Prozesse sind dann kompetenzfördernd, wenn die Lernenden sehen, dass die angestrebte Kompetenz für ihre aktuelle Lebenswelt bedeutsam und für ihre Zukunft relevant ist.
  • Hoher Anteil selbstständigen Lernens: Lehr-Lern-Prozesse sind dann kompetenzfördernd, wenn nicht das Lehren, sondern das Lernen den Grossteil der Zeit einnimmt. Und das Lernen, möglicherweise nach einer Phase der Instruktion, zu grossen Teilen selbstständig und selbstgesteuert erfolgt.
  • Komplexe, nicht zu kleinschrittige Lernaufgaben: Lehr-Lern-Prozesse sind dann kompetenzfördernd, wenn die zu bearbeitenden Aufgaben herausfordernd und zugleich bewältigbar sind. Dazu sollten sie eine gewisse Komplexität haben.
  • Heterogenität wird durch unterschiedliche Lernwege berücksichtigt: Lehr-Lern-Prozesse sind dann kompetenzfördernd, wenn die Verschiedenheit der Lernenden dadurch berücksichtigt wird, dass es verschiedene Angebote des Lernens gibt. Damit einher geht, dass nicht mehr alle Lernenden zur gleichen Zeit das Gleiche tun.
  • Realweltliche Umsetzung: Lehr-Lern-Prozesse sind dann kompetenzfördernd, wenn das Zeigen der Kompetenz auf eine Weise geschieht, die einen Bezug zum Leben der Lernenden hat und dadurch aufzeigt, welche bedeutsamen Herausforderungen nun bewältigt werden können.
  • Reflexion des Lernprozesses in allen Phasen: Lehr-Lern-Prozesse sind dann kompetenzfördernd, wenn Lehrende die Lernenden dabei unterstützen, ihren eigenen Lernprozess in den verschiedenen Phasen zu reflektieren. Dies unterstützt die Lernenden beim Erlernen des Lernens.

Mit Blick auf die Kriterien wird klar, dass eine kompetenzorientierte und kompetenzfördernde Didaktik Zeit braucht. Im Rahmen einer einzelnen Lektion kann zwar an Ressourcen gearbeitet aber keine Kompetenz erarbeitet werden. Deswegen ist es sinnvoll, über einen längeren Zeitraum hinweg an Kompetenzen zu arbeiten und diese zu festigen. Im schulischen Kontext empfiehlt sich daher, den Unterricht quartalsweise oder trimesterweise zu planen und dabei jeweils bei einer Kompetenz zu bleiben. In der (ausserschulischen) Katechese sollten sich die Zeitgefässe nach der angestrebten Kompetenz richten, beziehungsweise nach den Wünschen der Lernenden.

Um den Fokus auf der Aktivität der Lernenden zu behalten, empfiehlt sich die Arbeit mit sogenannten Aufgabensets. Diese sind Gegenstand des folgenden Fachbeitrags.