1. Einführung

Guten Unterricht und spannende Katechese – das wollen alle, die sich für die Sache engagieren. Aber wie erreicht man dies? Eine Frage, mit der sich viele Diskussionen, Publikationen, Tagungen usw. schon beschäftigt haben und beschäftigen werden. Zukunftsentwicklung und Qualität sei dabei gefragt. Das im Jahr 2009 in Kraft gesetzte Leitbild «Katechese im Kulturwandel» beschreibt in zwölf Leitbildsätzen die Entwicklungsfelder katechetischer und religionspädagogische Arbeit (Leitbild 2009). In diesem Leitbild werden auch Aussagen zur Bedeutung der Professionalität von Religionslehrpersonen und katechetisch Tätigen gemacht (Leitbildsatz 12). Professionalität von kirchlichem Lehrpersonal scheint damit ein wesentlicher Teil für die Weiterentwicklung des Religionsunterrichts an oder ausserhalb der Schule, aber auch für die zukünftige Katechese in den Pfarreien, Seelsorgeräumen, Pastoralräumen oder Bistümern zu sein.

Die Professionalisierungsdebatte in Bezug auf die Religionslehrpersonen steht dabei nicht isoliert da, sondern kann im Kontext der allgemeinen Debatte um Professionalisierung von Lehrpersonen verstanden werden (Simojoki et al. 2016), wobei diese Frage nach Professionalisierung ab dem 19. Jahrhundert immer Gegenstand von Diskussionen war (Horn 2016). Also nichts Neues – könnte man meinen.

Jedoch zeigen neuere Erkenntnisse, welche Elemente es sein könnten, die zur Professionalisierung einer (Religions-)Lehrperson führen. Dabei wird u. a. darauf hingewiesen, dass Professionalität von Religionslehrpersonen damit zu tun hat, eine Vision und Mission zu haben, will heissen, aktiv an der Veränderungsgestalt der Welt durch das eigene Unterrichten mitzuwirken (Everington 2016). Dabei spielen Werte wie Solidarität, Toleranz und Gleichberechtigung, aber auch das Gefühl des Eingebundenseins in eine grössere Gesellschaft und sozial konstruierte Gemeinschaft eine grosse Bedeutung. Die Beziehung zu einer «höheren Macht» ist dabei wichtig, ohne dafür unhinterfragt auf tradierte Glaubenskonzepte zurückzugreifen (Jakobs et al. 2009).

Ein weiterer Punkt in Zusammenhang mit der Professionalisierung zeigt sich darin, wie Religionslehrpersonen die Integration von Theorie und Praxis für sich selbst sehen. Ist Theorie etwas Abstraktes, das nur in akademischen Elfenbeintürmen seine Berechtigung hat, jedoch für die eigene Praxis nichts Relevantes bringt? Oder umgekehrt: Ist die Erfahrung der Praxis das Mass aller Dinge? In der Analyse zeigt sich, dass durch Integration von Theorie in die Praxis eine «Kenntnis der Praxis» erlangt werden kann, die sich positiv auf die Leistungen von Schülerinnen und Schülern auswirkt, wobei die Frage nach dem Setting von «Theoriebildung bei Religionslehrpersonen» bedacht werden muss. Theoriebildung bedeutet nicht einfach akademische Arbeit, sondern ist eine kriterienorientierte Reflexionsarbeit im Kontext der Praxis (Baumfield 2016). Das hiesse konkret, dass Religionslehrpersonen bei der Entwicklung von Lehrplänen, Unterrichtsmaterialien, Weiterbildungskursen sowie Konzeptarbeiten für Religionsunterricht und Katechese gut eingebunden bleiben, wobei sie die Bereitschaft mitbringen, theoriegeleitetes Wissen zu erlangen und zu integrieren. Im Gegenzug dazu kann die Praxis das theoriegeleitete Wissen korrigieren, ergänzen, erweitern. So kann der Bezug zwischen Theorie und Praxis als zentrale Verknüpfung wirksam werden (Forneck 2015).

Im Kontext der Professionsforschung für Lehrpersonen darf sicherlich das vor einigen Jahren entwickelte COACTIV-Modell als hilfreicher Referenzrahmen hinzugezogen werden (Kunter et al. 2011), auch wenn dabei zu beachten ist, dass dieses Professionsmodell aus dem Umfeld der Fachdidaktik Mathematik stammt und die Beschreibung – gerade in Bezug auf die Spezifikationen des Professionswissens – eine geisteswissenschaftlich rückbezogene und damit entsprechende Weiterführung und erweiterte Schwerpunktsetzung nötig macht (Schambeck 2018).

2. COACTIV-Modell

Mit dem COACTIV-Modell wird ein mehrdimensionales Raster der professionsbestimmenden Kompetenzen von Lehrpersonen beschrieben. Der Begriff «Kompetenz» beschreibt in erster Linie die individuellen Voraussetzungen zur erfolgreichen Bewältigung spezifischer situativer Anforderungen im Unterricht, und Kompetenz ist dabei prinzipiell erlern- und vermittelbar (Klieme et al. 2013). Die berufliche Handlungskompetenz ist eine Übertragung dieses Kompetenzbegriffs auf die Bewältigung von beruflichen Anforderungen, indem «Wissen» und «Können» als professionelle Kompetenz in ihrer Performanz für Unterricht und Lernarrangement wirksam werden (Weinert 2001).

Mit dem COACTIV-Modell (Kunter et al. 2011) werden die Aspekte dieser professionellen Kompetenz mit ihren Spezifikationen für das Professionswissen beschrieben.

Das COACTIV-Modell nennt vier Aspekte der professionellen Kompetenz.

A. Werthaltungen/Überzeugungen

Werthaltungen (value commitments) und Überzeugungen (beliefs) sind kategorial von «Wissen» und «Können» (knowledge) zu unterscheiden (Kunter 2011), wobei Werthaltungen als innere Haltung einer Selbstverpflichtung zu bestimmten Werten verstanden werden kann. Diese Werthaltungen prägen auch die Überzeugungen, fördern und unterstützen sie. Mit Überzeugungen sind dabei auch subjektive Theorien über das Lehren im Allgemeinen, epistemologische Überzeugungen über Struktur und Bedeutung von Wissensbeständen sowie selbstbezogene Überzeugungen hinsichtlich des Lernens im Fach gefasst (Kunter et al. 2011).

B. Motivationale Orientierung und C. Selbstregulation

Motivationale Orientierung und Selbstregulation umfassen die psychische Dynamik des Handelns sowie die Aufrechterhaltung der inneren Intention für das berufliche Arbeiten. Die Motivation für die berufliche Tätigkeit in ihrer Sinnhaftigkeit zu erhalten, wie auch die Selbstregulation, also die Kraft, trotz herausfordernder pädagogischer Prozesse diese Sinnhaftigkeit nicht zu verlieren sowie mit den eigenen Ressourcen achtsam umgehen zu können, machen zwei wesentliche Aspekte der psychologischen Funktionsfähigkeit von Lehrpersonen aus (Kunter 2011).

C. Professionswissen

Das Professionswissen im Sinne von «Wissen» und «Können» wird in einer fünffachen Spezifikation in den entsprechenden Kompetenzbereichen ausdifferenziert. Es beinhaltet das eigentliche Fachwissen, also das vertiefte Verständnis über Schulmathematik (Kompetenzfacette). Als zweite Spezifikation wird das fachdidaktische Wissen relevant, also das Erklärungswissen, das Wissen über mathematisches Denken bei Schülerinnen und Schülern und das Wissen über mathematische Aufgaben (Kompetenzfacetten). Die dritte Spezifikation zeigt sich im pädagogisch-psychologischen Wissen, das sich im Wissen um Leistungsbeurteilung, Wissen über Lernprozesse sowie Wissen über eine effektive Klassenführung zeigt (Kompetenzfacetten). Die vierte Spezifikation wird mit dem Organisationswissen beschrieben, also dem Wissen, wie Schule als Organisation in seiner Systematik funktioniert und wo Möglichkeiten und Grenzen aufgrund der strukturellen und systematischen Voraussetzungen liegen (Kompetenzfacette).

Die fünfte Spezifikation ist das Beratungswissen und damit ein allgemeines, über das fachspezifische hinausgehende Wissen, das sich im Vollzug der Beratung zeigt – beispielsweise in der Laufbahnberatung oder der Beratung bei Lernschwierigkeiten oder Verhaltensproblemen. Partner der Beratung sind dabei Schülerinnen und Schüler, Schülergruppen oder Eltern und Familie (Kompetenzfacetten) (Kunter 2011).

3. Inspiration und Weiterführung des COACTIV-Modells für die professionelle Kompetenz von Religionslehrpersonen

Das mehrdimensionale Kompetenzmodell kann für die Professionalisierung von Religionslehrpersonen und katechetisch Tätige hilfreiche Grundlage sein, wobei es aber eine spezifische fachorientierte Spezifizierung für die einzelnen Kompetenzbereiche und Kompetenzfacetten braucht. Die Fachlogik bezüglich der Mathematik ist im Gegensatz zu geisteswissenschaftlichen Fächern in einem linearen Aufbau zu verstehen: Mathematisches Lernen ist geprägt von einer linearen Komplexitätssteigerung. Geisteswissenschaftliche Fächer hingegen verstehen sich eher in einer «Nukleus-Systematik» (Schambeck 2018), was so viel bedeutet, dass theologische Themen eine «schon im Kern vorhandene Komplexität» beinhalten (Schambeck 2018). Das ist eine anspruchsvolle Sache und hat entsprechende Konsequenzen auf die fachwissenschaftliche Kompetenz der Religionslehrperson. Diese Komplexitätsstruktur des fachwissenschaftlichen Wissens im Bereich «Religion» ist zudem von unterschiedlichen Bezugsdisziplinen geprägt. Zwar steht die Theologie als Grundlagendisziplin im Vordergrund, jedoch sind Disziplinen wie jene der Soziologie, Philosophie, Geschichte, Ethnologie oder Politologie als Referenzdisziplinen mit ihren hermeneutischen Grundstrukturen zu berücksichtigen und zu integrieren. Damit ist ein eigentliches mehrperspektivisches theologisches Wissen erforderlich, wobei dieses sich nicht per se kongruent auf das im Lehrplan angestrebte Wissen übertragen lässt. Das für die Kompetenzerreichung notwendige Fachwissen im Zusammenhang mit dem Lehrplan – für den helvetischen Kontext gilt dabei der Lehrplan für Religionsunterricht und Katechese LeRUKa – braucht es ein spezifisches lehrplanbezogenes Fachwissen. Diese Unterscheidung ist entscheidend, weil nur ein vertieftes, der Komplexitätsstruktur entsprechendes Lehrplanwissen auch tatsächlich die Möglichkeit schafft, die Kompetenzorientierung in ihren entsprechenden variantenreichen fachdidaktischen Repräsentations- und Erklärungsformen zu ermöglichen. Nur wer über eine genügende Breite, Tiefe und Flexibilität des mehrperspektivisch-theologischen Lehrplanwissens verfügt, kann entsprechende Lernprozesse und fachdidaktische Konzepte umsetzen.

Fachdidaktisches Wissen ist für den Religionsunterricht vom Verständnis und Wissen über Lernprozesse, didaktische Rekonstruktionen und Kompetenzorientierung in der Unterrichtsplanung und Aufgabenkultur geprägt. Was bedeutet das konkret? Das Verständnis von (Fehl-)Konzepten bei Schülerinnen und Schülern als Voraussetzung für Lernprozesse wird zur Grundlage für das Verständnis von konstruktivistischen Lernprozessen. Damit verbunden sind entwicklungspsychologische und lerntheoretische Voraussetzungen, die Lernprozesse in diesem Sinn unterstützen. Didaktische Rekonstruktionen können im Religionsunterricht mit dem Modell der erweiterten Elementarisierung gefasst werden. Dabei bilden die relevanten Sachperspektiven in ihrer Komplexität und Vielschichtigkeit, die relevanten Strukturperspektiven in Bezug auf den Unterrichtsgegenstand, die relevanten Erfahrungsperspektiven der Schülerinnen und Schüler, die relevanten Zugangsperspektiven der entwicklungspsychologischen Voraussetzungen sowie die relevanten Lernwege als schülergerechte und konstruktivistische Lernprozesse die Matrix einer entsprechenden fachdidaktischen Reflexion (Estermann 2020). Diese didaktische Rekonstruktionsleistung führt zum Ziel der Kompetenzorientierung und fördert das Erklärungs- und Darstellungswissen für den konkreten Unterricht. Und letztlich geht es auch darum, die geforderte Kompetenzorientierung aus der didaktischen Rekonstruktion in entsprechenden kompetenzorientierten Unterrichtsplanungen und Aufgabenkulturen umzusetzen, wobei für die kompetenzorientierte Aufgabenkultur die Niveaudifferenzierung (Reproduktion – Rekonstruktion – Konstruktion) in entsprechenden kompetenzorientierten Artikulationsschemata (Begegnen – Erarbeiten – Intensivieren – Zeigen BEIZ [oder: Konfrontationsaufgabe – Erarbeitungsaufgabe – Übungs-/Vertiefungsaufgabe – Transfer-/Syntheseaufgabe] für den Unterricht konkretisiert werden kann (Reli.ch 2018; Wilhelm et al. 2014).

Das pädagogisch-psychologische Wissen für Religionslehrpersonen, also religionsbezogene entwicklungspsychologische, religionspsychologische und religionspädagogische Wissen, ist in Bezug auf Lernprozesse, Unterrichtsgestaltung, Classroom-Management oder Reflexionsfähigkeiten anzuwenden.

Hinsichtlich des Organisationswissens liegt für Religionslehrpersonen im helvetischen Kontext wohl eine besondere Bedeutung darin, dass sie an zwei systemisch unterschiedlichen Lernorten tätig sind. Zudem zeigen Befunde, dass Handlungsorientierungen zum Lehren nicht allein in den individuellen Einstellungen, Werten und Überzeugungen begründet zu sein scheinen, sondern mit organisatorischen Kontexten in Verbindung stehen (Franz 2017). Der Lernort Schule, so wie er im Lehrplan LeRUKa – wie auch bereits in Vorläuferdokumenten wie beispielsweise der «Orientierung Religion» von 2001 – beschrieben wird, fordert ein doch anderes systemisches Wissen als jenes des Lernorts Kirche. Das System Schule wird auch für Religionslehrpersonen für diesen Lernort als Referenzgrösse gelten und die entsprechenden systemischen Gesetzmässigkeiten gelten auch für den Religionsunterricht am Lernort Schule. Anders sieht es am Lernort Kirche aus: Dort sind es eher ekklesiologische pastorale Perspektiven, die das System Kirche prägen und sich dadurch wesentlich vom System Schule unterscheiden. Die systemrelevanten Ausprägungen und Unterschiede gilt es zu berücksichtigen und als Grundlage zu kennen sowie für die entsprechende religionspädagogische Arbeit umzusetzen. Das Beratungswissen kann sich darin zeigen, dass Religionslehrpersonen für Schülerinnen und Schüler einen Beitrag zu ihrer persönlichen religiösen Weiterentwicklung leisten, sie auf ihrem biografischen Weg unterstützen und in ihnen die konstruktive Kraft von Religion als Moment der individuellen Persönlichkeitsstruktur stärken.

In Bezug auf das Beratungswissen wird aus religionspädagogischer Perspektive die Kompetenz der Begleitung, Förderung und Stärkung religiös-spiritueller Dispositionen bei Schülerinnen und Schülern von entscheidender Bedeutung. Dabei sind die Primärsozialisationsräume wie jene der Familie und des engeren personalen Umfelds ebenso zu berücksichtigen wie die Sekundärsozialisationsräume wie beispielsweise der schulischen, kirchlichen oder auch medial-digital geprägten Lern- und Begegnungsorte. Die Beratungskompetenz zeigt sich in ihren entsprechenden kommunikativen und unterstützend-konstruktivistischen An- und Umsetzungen, wobei auch der Blick auf das Erwachsenenfeld nicht ausser Acht gelassen werden darf und diese selbst zu Subjekten des Lernens werden (Jakobs 2010). Entsprechende erwachsenenbildnerische Fähigkeiten werden dabei wichtig.

Nebst diesem Professionswissen sind es aber auch die Professionsaspekte der Werte/Überzeugung, der Motivation und der Selbstregulierung, die für die Profession einer Religionslehrperson von Bedeutung sind. Wie bereits erwähnt, ist das Bewusstsein einer Vision und einer Mission, die von Werten geprägt sind, ein entscheidender Faktor. Zusätzlich zu anderen Lehrpersonen ist aber für die Religionslehrperson diese Ausrichtung auch auf eine Transzendenz hin bezogen. Dies ist für viele Religionslehrpersonen ein entscheidendes «Kontinuum». Die Spiritualität als Motor für Werte und Überzeugungen gilt es zu pflegen und sich im Diskurs auch darüber auszutauschen. Ohne Werthaltungen, ohne Spiritualität kann eine Religionslehrperson nicht professionell sein. Im Leitbild «Katechese im Kulturwandel» ist deshalb auch eine entsprechende Kompetenz beschrieben, wobei diese von einer Ambiguitätstoleranz geprägt ist. «Katechetisch Tätige verfügen über eine christlich geprägte spirituelle Kompetenz. Sie erlaubt es, in unterschiedlichsten Situationen angemessen und authentisch auf Menschen einzugehen, Differenzen zu ertragen und gelegentlich auch Widersprüchliches zusammenzuführen.» (Leitsatz 11). Nur mit einer solchen Werthaltung und spirituellen Ausrichtung können die Heterogenität im Kontext von Unterricht wie auch die konstruktive Kraft der Sache «Religion» aufgenommen und in ihrer Kompetenzorientierung eine Performanz zeigen.

Aus dieser Grunddisposition heraus als eigener Aspekt der professionellen Kompetenz verstanden werden die Motivation und Selbstregulierung stark gesteuert und mitbeeinflusst. Die Fähigkeit, trotz schwieriger Voraussetzungen im Unterricht oder auch in katechetischen Settings trotzdem immer wieder zu reüssieren, macht damit einen wichtigen Faktor der professionellen Kompetenz aus.

Profession einer Religionslehrperson

4. Folgerungen für die Aus- und Weiterbildung von Religionslehrpersonen

Die Stärkung der Professionalisierung von Religionslehrpersonen und katechetisch Tätigen ist eine der zentralen Voraussetzungen, die kompetenzorientierte Qualität und Wirksamkeit von Unterricht, aber auch von katechetischen Angeboten zu erreichen. Das für den Religionsunterricht und Katechese angewandte COACTIV-Modell bietet die Grundlage, dass entsprechende Aus- und Weiterbildungen geplant und umgesetzt werden können. Setzt man die einzelnen Kompetenzbereiche und ihre für das Professionswissen entsprechenden Kompetenzfacetten als «Brille» für die Schwerpunktsetzung in Aus- und Weiterbildung ein, kann die Professionalität von auszubildenden Religionslehrpersonen und katechetisch Tätigen bewusst ermöglicht und gefördert werden. Aus- und Weiterbildungskonzepte und entsprechende Ausbildungsgänge, Leistungsnachweise, Theorie- und Praxisebenen können über das angepasste COACTIV-Modell in Bezug auf ihre inhaltlichen Schwerpunktsetzungen umgesetzt, evaluiert und erweitert werden. Aber auch entsprechende Settings in Bezug auf die Klärung und Stärkung von Werten, Überzeugungen, Spiritualität sowie auf motivationale Orientierung und Selbstregulierung können aktiv gestaltet und umgesetzt werden und werden damit Teil der Professionalisierungsförderung.

5. Folgerungen für die Einführung und Umsetzung von Lehrplänen

Es scheint die Erfahrung zu sein – Lehrpläne erreichen ihre gezielte Wirkung für die Praxis offensichtlich kaum. Es scheint weiter zu sein, dass Lehrpersonen dasjenige unterrichten, wovon sie überzeugt sind und hinter dem sie einen Wert sehen. Und Lehrpläne scheinen so formuliert zu sein, dass – auch in der neuen kompetenzorientierten Art – die Ziele und Kompetenzen gar nicht erreicht werden können. Und so scheinen Lehrpläne immer Illusion zu sein und nie vollständig realisierbar (Oelkers 1999). Damit stellen sich für die Einführung und Umsetzung von Lehrplänen – gerade in Zusammenhang mit dem Lehrplan für Religionsunterricht und Katechese LeRUKa – besondere Herausforderungen. Trotz geringer Kenntnisse über die Wirksamkeit von Lehrplaneinführungen und -umsetzungen sollen zwei Aspekte ins Zentrum gestellt werden.

A. Kompetenzorientierte Lehrpläne entheben von überhöhten Vorstellungen.

Die Kompetenzorientierung in den Lehrplänen nimmt die Heterogenität der strukturellen Voraussetzungen auf. Im Lehrplan werden mit der Kompetenzorientierung keine messbare Zielvorstellungen formuliert, die sowieso aufgrund der unterschiedlichen strukturellen und zeitlichen Voraussetzungen kaum erreicht werden könnten. Und so wird also kein effektiver Grad der Erreichbarkeit  beschrieben. Dieser Grad der Erreichbarkeit und damit verbunden auch der Überprüfbarkeit ist Sache der kompetenzorientierten Unterrichtsplanung, welche gerade die strukturellen Voraussetzungen als Teil der Planung berücksichtigt. Damit enthebt der Lehrplan selbst vor überhöhten Vorstellungen, die vermeintlich von aussen gestellt werden. Damit kann ein wesentlicher Beitrag zur Wirksamkeit des Lehrplans beigetragen werden.

B. Die Wirksamkeit von Lehrplänen steht in Zusammenhang mit der Professionalität der jeweiligen Religionslehrperson.

Die Wirksamkeit von Lehrplaneinführungen und -umsetzungen ist mit dem Ziel der Förderung von Unterrichtsqualität und -erfolg zu sehen und damit an die Förderung der Professionalisierung von Religionslehrpersonen gekoppelt. Unterrichtsqualität und Unterrichtserfolg hängen massgeblich vom Professionalisierungsgrad der jeweiligen Lehrperson – oder eines ganzen Lehrerteams – ab (Helmke 2013). Oder anders formuliert: Durch Professionalisierung soll die Wirksamkeit des Lehrplans gesichert und damit die Unterrichtsqualität und der -erfolg erhöht werden.

Deshalb müssen auch Einführungs- und Umsetzungskonzepte so aufeinander abgestimmt sein, dass die Lehrplanorientierung in den entsprechenden Gefässen mit den im Modell aufgezeigten Aspekten professioneller Kompetenzen in qualitativer Verbindung steht. In der Phase der Einführung ist zu berücksichtigen, dass lehrplanorientierte Entwicklungen theoriegeleitet und praxisorientiert darzustellen und diese mit der konkreten Erfahrung, den konkreten motivationalen und wertorientierten Einstellungen der Adressaten zu verbinden sind, um damit die Grundlage für die Umsetzung schaffen zu können. Die entsprechenden Gefässe dürfen dabei zeitlich an die Situation angepasst geplant sein. Die Einführungsphase selbst garantiert aber dabei keine nachhaltige Umsetzung des Lehrplans, sondern ist ein erster Schritt, quasi der «Notenschlüssel» für die kommenden Umsetzungsphasen. Diese Umsetzungsphasen sind zeitlich auf einer Mehrjahres-Zeitachse zu planen. Gerade hinsichtlich des Lehrplans für Religionsunterricht und Katechese LeRUKa mit seinem Anspruch der Kompetenzorientierung und dem Potenzial zur Weiterentwicklung kirchlichen Religionsunterrichts in oder ausserhalb der Schule, aber auch der pfarreilichen Katechese braucht es einen langen Prozess für die Umsetzung. Nebst dem Professionswissen sind dabei insbesondere die weiteren Aspekte der professionellen Kompetenz immer vermittelnd, aber auch partizipativ zu bearbeiten.

6. Fazit

Das oben nun auf die Religionslehrpersonen und katechetisch Tätigen angewandte COACTIV-Modell kann einen Beitrag zur Professionalisierung leisten. Voraussetzung dabei ist jedoch, dass eine entsprechende Einstellung zur Weiterentwicklung mitgebracht und diese auch konkretisiert wird. Entsprechende strategische und inhaltliche Planungen vonseiten der Aus- und Weiterbildungsanbieter sind dazu notwendig, will der geforderte Professionalisierungsschub durch die Umsetzung des Lehrplans für Religionsunterricht und Katechese LeRUKa tatsächlich gelingen. Die fachliche und systemische Auseinandersetzung mit dem Modell sind dabei ebenso für die Zukunft nötig wie der Wille zu deren Umsetzung. Viele gute Schritte in diese Richtung sind bereits gemacht – weitere braucht es trotzdem, mag die Sache «Religionsunterricht und Katechese» im Bildungs- und Kirchenkontext nicht verblassen.