Manchmal will ich über meinen Glauben gar nicht reden. Dann will ich nur erleben, wie es ist, auf Gott zu vertrauen – oder mich von dieser Kraft völlig verlassen zu fühlen. Ich öffne die Bibel und tauche ein in die jahrtausendealte tiefe Erfahrung von unzähligen Menschen, die in diesen vielfältigen Glaubensgeschichten Lebenssinn und –stütze gefunden haben. Am liebsten tue ich das in Gemeinschaft. Und in der Form von Bibliodrama.

Ein Erfahrungsbericht aus der Praxis

Wie Bibliodrama konkret ausschauen kann, soll der Blick in einen Oberstufen-Projektnachmittag zur Heilungsgeschichte von Bartimäus (Mk 10) zeigen:

Wir beginnen mit Improtheaterübungen, um Spielhemmungen der Jugendlichen abzubauen. Nach einer sorgfältigen Einführung in den Bibeltext grenze ich mit einem dicken Seil eine Bühne ab. Die Teilnehmenden finden ihre im Augenblick passende Rolle. Und dann wird einige Minuten lang auf der Bühne improvisiert:

Jesus ist gleich doppelt präsent, der eine gütig, der andere enttäuscht. Zu ihren Füssen ein Armer, dem von den anderen Stadtbewohnern übel mitgespielt wird. Er wird getreten und beschimpft und verhöhnt. Und Jesus daneben kann nichts ausrichten. Seine Wunder sind ganz und gar nicht wunderbar. Und er leidet mit.

In der Arbeit mit Erwachsenen münden die Spielphasen in Auswertungsrunden, in denen Worte fürs Erlebte gesucht werden und dieses mit dem Alltag verbunden wird. Dabei gibt es kein Richtig und kein Falsch. Erst die bewusste Verbindung mit der eigenen Biografie lässt das Bibliodrama seine volle Wirkung entfalten.

Mit Kindern reicht normalerweise eine kurze Auswertung des Gespielten noch auf der Bühne. Sie verfügen noch nicht über eine längere Lebenserfahrung und einen weiten Blick über ihr vergangenes wie kommendes Leben als Ganzes.

Im Gespräch mit den 24 Jugendlichen hingegen kam Erstaunliches zu Tage: Die Klasse erkannte, dass sie auf der Bühne in der Unterdrückung der Armen reinszenierten, was bei ihnen Klassenalltag war. Und in einer weiteren Szene übernahm jener Junge, der auf der Bühne wie in der Klasse immer wieder unter die Räder kam, die Rolle eines Superman-Jesus, der Rettung vor Ungerechtigkeit bringt. Die Verwirklichung der Sehnsucht kann im Spiel vorweggenommen werden!

Ein Weiterbildungsmodul mit Veränderungspotenzial

Zusammen mit Ute Küry (kath. Katechetin) und Guido Baur (ref. Katechet) und in enger Zusammenarbeit mit der Fachstelle Katechese der katholischen Landeskirche Thurgau habe ich einen Lehrgang erarbeitet. Er basiert auf der Erfahrung aus drei Kursen, welche ich schon durchgeführt habe mit ca. 30 KatechetInnen. Es hat sich gezeigt, dass mindestens zwei Wochenenden und zwei Weiterbildungstage nötig sind, um über die Eigenerfahrung zu einem Grundverständnis bibliodramatischer Arbeit zu kommen.

Manche Teilnehmende haben aber im Verlauf der Weiterbildung ihren Unterrichtsstil grundlegend weiterentwickelt. Manche kamen weg vom „Religion vermitteln“ und entwickelten statt dessen eine grosse Neugier, wie das einzelne Kind Religion (er)lebt.

Es freut uns, dass der Bildungsrat von ForModula die entsprechende Modulidentifikation nun genehmigt hat.